daumenkino
Daumenkinographie
Volker Gerling

16. Dezember 2023

Liebe Freundinnen und Freunde der Daumenkinographie,

Ende September bin ich von meiner diesjährigen Wanderschaft zurückgekehrt. Ich hatte eine tolle Zeit und fühle mich reich beschenkt von den vielen Begegnungen und all den Geschichten, die ich erleben durfte. Weiter unten finden Sie einen kurzen Rückblick auf die Wanderschaft.

Sehr herzlich möchte ich Sie zu folgenden Daumenkino-Kino Abenden einladen, bei denen ich einige der im Sommer '23 neu entstandenen Daumenkinos zeigen werde.

Mittwoch, 20. Dezember 2023, 19:30 Uhr, Frankfurt/Oder
Kulturmanufaktur Gerstenberg

Donnerstag, 18. Januar 2024, 20 Uhr, Baden/Schweiz
Theater im Kornhaus

Samstag, 20. Januar 2024, 20 Uhr, Bern/Schweiz
Lichtspiel

Donnerstag, 25. Januar 2024, 20 Uhr, Frauenfeld/Schweiz
Theater Werkstatt Gleis 5

Samstag, 10. Februar 2024, 19:30 Uhr, Gleichen-Sattenhausen
KulturohneGleichen

Sonntag, 11. Februar 2024, 18 Uhr, Witzenhausen
Kino Capitol

Dienstag, 20. Februar 2024, 20 Uhr, Berlin
Theater o.N.
Nachholveranstaltung für den 7.12.23 - keine Karten im freien Verkauf

Mittwoch, 21. Februar 2024, 20 Uhr, Berlin
Theater o.N.


Freitag, 23. Februar 2024, 20 Uhr, Weimar
mon ami


Freitag, 15. März 2024, 20 Uhr, Dresden
Kulturhafen

Samstag, 16. März 2024, 19 Uhr, Heppenheim
Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern
vom Hl. Vinzenz von Paul

Sonntag, 17. März 2024, 17 Uhr, Neustadt/Weinstrasse
Theater in der Kurve


////////////

Rückblick auf die Wanderschaft 2023

Nach fünf Monaten Wanderschaft, die mich von Groß Dölln über Halle/Saale, Weimar, Heppenheim/Bergtraße, Mannheim, Neustadt/Weinstraße, Karlsruhe, Haguenau/Frankreich, Freiburg, Basel, Zürich, Großes Walsertal nach München führte, bin ich Ende September nach Hause zurückgekehrt. Eigentlich wollte ich den kompletten Weg zurücklaufen, doch nach über 20 Wochen auf der Straße merkte ich, dass ich aufgrund der vielen Begegnungen und Geschichten, die ich erlebt hatte, inzwischen mit reichlich Übergepäck unterwegs war. So entschied ich mich, in München den Zug zu nehmen und stieg in Berlin wieder auf meine Füße um: Drei Tage später kam ich nach 148 Tagen und 1600 gelaufenen Kilometern in Groß Dölln an. Ich war die ganze Zeit über ohne eigenes Geld unterwegs, schlief meistens im Zelt und lebte monatelang nur vom Zeigen meiner Daumenkinoausstellung, die ich jeden Tag vor mir hertrug.
 
Im Vorfeld meiner Reise hatte ich mich gefragt, wie sich die diesjährige Wanderschaft wohl insbesondere im Vergleich zur meiner ersten Wanderschaft von 2003 anfühlen würde, als die Welt - um es etwas platt auszudrücken - noch eine andere war. Ich hatte erwartet, regelmäßig in politische Diskussionen verwickelt zu werden und mit dem Frust und vielleicht auch der Wut mancher Menschen konfrontiert zu werden. Das geschah erfreulicherweise sehr selten bis gar nicht. Stattdessen passierte etwas, das mich sehr überraschte: Regelmäßig fingen Menschen beim Betrachten der Daumenkinos an zu weinen oder waren zumindest so gerührt, dass ihnen Tränen in die Augen traten. Das hatte es noch auf keiner Wanderschaft zuvor gegeben und ist in meinen Augen möglicherweise ein Zeichen dafür, dass nicht wenige Menschen durch all die Krisen, Kriege und Ereignisse der letzten Jahre offenbar ziemlich am Limit sind. Einfache und im wahrsten Sinne des Wortes begreifbare Geschichten, wie ich sie vor mir hertrug, verbunden mit der Begegnung zweier wildfremder Menschen, waren dann manches Mal der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Inzwischen habe ich alle Filme, die ich in den zurückliegenden Monaten belichtet habe, entwickelt und gesichtet und werde nun nach und nach in die Dunkelkammer gehen, um die neuen Daumenkinos zu vergrößern und sie dann in mein Daumenkino-Bühnenprogramm einzubauen.

Andere Geschichten, die nicht zu Daumenkinos geführt haben, habe ich in meinem Tagebuch niedergeschrieben. So zum Beispiel die Geschichte von dem Mann, den ich am Ufer der Saale traf und der mir erzählte, dass er ohne Kontakt zu anderen Menschen fast zehn Jahre lang alleine im Schwarzwald in der Wildnis gelebt habe. Nach dem Tod seiner Frau hatte er seine Kinder alleine groß gezogen und als er glaubte, dass sie alt genug seien, um alleine zurecht zu kommen, war er mit nichts als einem großen Rucksack losgezogen. Als ich ihm berichtete, dass ich noch bis Österreich laufen wolle, antwortete er, dass er mich zugleich beneiden und bedauern würde. Er erzählte mir von seiner Rückkehr und sagte, dass ihn seine Kinder anfangs nicht erkannt hätten. Als er hinzufügte, dass auch er seine Kinder nicht gleich erkannt habe, drehte er seinen Kopf zur Seite und weinte. Zum Abschied gab er mir seine Adresse und bat mich, ihm eine Karte aus dem Großen Walsertal zu schicken. Auf dieser solle nichts weiter stehen als "Grüße an den Schwarzwald". Ich habe es ihm versprochen und mein Versprechen gehalten.

////////////

Es betrübt mich sehr, dass keine Ausstellung, kein Kunstwerk und kein Bühnenabend das Leid der Menschen in der Ukraine, in Israel und in anderen Krisenregionen (das ist hier ein viel zu kleines Wort!) zu verhindern vermag. Ein Krieg, wie er (nicht nur) in der Ukraine und Israel stattfindet, relativiert das eigene Tun brutal und zeigt, was für ein unglaublicher Luxus es ist, sich über viele Jahre hinweg dem inneren Kompass folgend mit dem Medium Daumenkino auseinandersetzen zu können.

------------

Wenn Sie regelmäßig über meine Veranstaltungen informiert werden möchten, schreiben Sie bitte eine Mail an volker@daumenkinographie.de mit der Bitte um Aufnahme in meinen Verteiler.